Interview mit Oliver Schwabe anlässlich des Kinostarts von EGOSHOOTER in Aachen am 16.04.2005,
AC Kinonews, 16.04.2005

OLIVER SCHWABE im INTERVIEW
Egoshooter: Harte Sexszenen – aber nichts frei erfunden!

Oliver Schwabe wurde 1966 in Hannover geboren, zog anschließend mit seinen Eltern nach Aachen. Er studierte an der Kunsthochschule für Medien in Köln und arbeitet seither als Kameramann und Regisseur. Jan Krügers Film “Freunde“, bei dem Oliver Schwabe Kameramann war, gewann 2001 in Venedig einen silbernen Löwen.
Gemeinsam mit Christian Becker führte Oliver Schwabe bei dem Film Egoshooter Regie.

Sie sind Aachener?
Ja. D.h. ich wurde zwar in Hannover geboren, meine Eltern sind dann aber schon recht bald nach Aachen umgezogen. Ich war also im Kindergarten und in der Schule in Aachen. Zuletzt auf dem KKG.

Gefällt es Ihnen in Aachen?
Ja! Es ist eine schöne Stadt und im Laufe der Zeit findet man tolle Lokale, in die man dann immer geht. Ja, es gefällt mir hier.

Wie kamen Sie dazu, Filme zu machen?
Es stand für mich schon schnell fest, dass ich was im künstlerischen Rahmen machen würde. Ich bin zum KKG gegangen, weil es da damals einen Kunst-Leistungskurs gab und habe danach an der Kunsthochschule für Medien studiert. Während des Studiums habe ich viel mit Fotos und Bildern gearbeitet und nach dem Vordiplom wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte mal Kameraarbeiten zu machen.

Und dann wurden Sie Kameramann bei Jan Krügers Film “Freunde“, der 2001 bei den Filmfestspielen in Venedig einen silbernen Löwen gewonnen hat.
Ja, der Film war Jans Abschlussarbeit an der Hochschule, also gar nicht als großer Film geplant. Allein die Fahrt nach Venedig war ein Erlebnis und dann auch noch einen Löwen zu bekommen… Unglaublich!

Jan Krügers Film handelt von der Liebe zweier Jungen zueinander und auch Ihr Film “Egoshooter“ handelt von Jugendlichen. Kam Ihnen die Idee, einen Film über Jugendliche zu drehen während der Arbeit mit Jan Krüger?
Nein. Die Jugend interessiert mich schon deutlich länger. Diese Zeit, in der noch nichts im Leben festgeschrieben ist und man sich noch überall hin entwickeln kann fasziniert mich. Vielleicht auch, weil ich selbst schon recht früh mein Leben in geregelte Bahnen brachte, früh von zu Hause ausgezogen bin und mein Weg schnell fest stand.

Haben Sie Kinder?
Ja, eine fünfjährige Tochter und einen 15 Monate alten Sohn.

Wie kamen Sie dazu, den Film “Egoshooter“ zu machen?
Ich habe bereits seit 1998 für den NDR jährlich Videotagebücher heraus gegeben. Da wurde Jugendlichen zwischen 15 und 22 Jahren eine Kamera in die Hand gedrückt und diese haben dann ein Jahr lang ihr Leben gefilmt. Aus dem Rohmaterial habe ich dann eine 45-minütige Dokumentation geschnitten. Die Produzentin von “Egoshooter“, Ute Schneider, war so begeistert von den Dokumentationen, dass sie mich gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, ein fiktives Videotagebuch zu machen.

Hatten die echten Videotagebücher einen Einfluss auf den Film?
Ja. Fast nichts im Film ist frei erfunden. Die Ideen sind alle den Videotagebüchern entnommen und zum Teil direkt so in den Film geflossen, zum Teil wurden sie weitergesponnen.

… So auch die teilweise doch recht harten Sexszenen? Mussten die denn unbedingt sein?
Nun, wir wollten ja die Jugendlichen, so wie sie jetzt leben zeigen und auch diese Szenen finden sich in den echten Tagebüchern oder sind das, was die Jugendlichen gerne in ihren Tagebüchern hätten. Der Dialog mit den Jugendlichen war mir sehr wichtig, weil ich mich nicht anmaßen will, von Dingen zu reden, die ich als Mittdreißiger nicht kennen kann.

Was unterscheidet den “Egoshooter“ von den Videotagebüchern?
Ein großer Unterschied ist, dass bei dem Film zu der subjektiven Ebene des jugendlichen Filmers auch die objektive Ebene kommt. Es wird also auch gezeigt, wie der Jugendliche filmt und nicht nur was er aufnimmt.

Sie werden am 16.4. auch in Aachen sein?
Ja, klar. Es ist uns wichtig, wenn der Film in einem Kino anläuft auch dabei zu sein und dem Publikum dann anschließend auch noch Rede und Antwort zu stehen. Es ist sehr interessant zu sehen, wie der Film bei den Leuten ankommt. Manchmal kommen sogar noch 2 Stunden nach der Vorführung Menschen zu uns um über den Film zu sprechen, weil sie so lange brauchten um den Film sacken zu lassen. “Egoshooter“ hat ja nun mal keinen stringenten Handlungsverlauf, sondern besteht aus kleineren Teilen, die zu einem Ganzen zusammen gesetzt wurden, daher dauert es eben ein bisschen länger, bis man versteht, was man gesehen hat und eine Meinung dazu gebildet ist.

Und wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Mit dem “Egoshooter“ haben wir das Thema “Jugend“ jetzt erst mal abgeschlossen. Christian Becker und ich arbeiten jetzt an einer Feldstudie über das Leben auf dem Land. Quasi vom Großstadtsumpf zum Landmist, aber zunächst kommen erst mal viele Festivals, bei denen wir mit dem “Egoshooter“ sein werden…

Dann mal viel Erfolg bei den Festivals und vielen Dank für das Gespräch.
Ich danke auch!

 

 

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